Schuld
Wenn die Gedanken an die Adoption tiefe Traurigkeit hervorruft, steigt meistens auch die Angst, mit den Adoptiveltern darüber zu sprechen. Ähnlich, wie bei leiblichen Eltern, glaubt man, dass die Eltern doch bewusst die Entscheidung zur Adoption getroffen haben, mit freudigen Erwartungen, ein eigenes Kind groß zu ziehen. Anders als bei leiblichen Verwandtschaftsgraden, glauben Adoptierte allerdings, dass ihnen durch die Adoption nun Möglichkeiten für ein glückliches und unbeschwertes Leben geboten wurden, als wenn sie bei den leiblichen Eltern, in dysfunktionalen Lebensverhältnissen oder Armut aufgewachsen wären. Der Glaube, die Erwartungen der Eltern nicht zu erfüllen, bzw. auch zu spüren, dass man es nicht tut, macht Angst und es stellt sich die Frage, ob es bei den „anderen“ Eltern, anders gewesen wäre.
Dies führt zu Schuldgefühlen gegenüber den Adoptiveltern. Ist man ja doch glücklich über die Adoption, aber nicht glücklich wegen der Adoption, ist das für viele Adoptiveltern ein Widerspruch und bedarf viel Geduld, Geschick und Verständnis, dass sich beide Parteien nicht ausgeschlossen fühlen.
Wenn Dinge dann im Leben schiefgehen, in der Schule, Uni, Ausbildung oder im Berufsleben, bei den Freunden, in der Partnerschaften, neigen Adoptierte oft dazu, sich selbst für alles die Schuld zu geben. Dieser Kreislauf kann lange anhalten, denn meistens gibt es in der näheren Umgebung niemanden, der sich in die Lage von Adoptierten hineinfühlen kann, somit werden Adoptionsprobleme meistens nicht mit der Familien oder den Freunden besprochen.
Scham
Meistens jedoch, wird die Trauer über die Adoption aus Scham verschwiegen. Die Folge ist, dass sich die Familienmitglieder auseinanderleben, streiten oder ignorieren. Die Eltern spüren den Rückzug des Kindes und trauern, das führt wieder zu großen Schuldgefühlen des Kindes, welches irrtümlicherweise denkt, mit seinem Schweigen ja Trauer von den Eltern fernzuhalten. Auch ist die Angst vor erneuter Rückweisung groß. In einigen Familien wurde bisher nie über Gefühle gesprochen. Dann jedoch plötzlich starke Trauergefühle anzusprechen, die man selbst oft noch nicht einordnen kann, entwickelt in vielen Adoptieren ein großes Schamgefühl.
Stehen die Adoptionseltern und der oder die Adoptierte schon seit der Kindheit in keinem guten Verhältnis, fühlt das Adoptivkind sich eventuell nicht geliebt, nicht akzeptiert, gibt es Geheimnisse und wird es mit Schweigen bestraft, wird es misshandelt oder vernachlässigt, ist es noch schwerer, Vertrauen in sich selbst zu und andere Menschen zu finden. Der Weg, die eigene Persönlichkeit zu entdecken, ist schwer, jedoch nicht unmöglich. Wenn die Adoptionsfamilie dem Adoptivkind keine positiven Gefühle entgegenbringt, führt das auch zu einem massiven Vertrauensverlust. Umso mehr braucht man jemanden, um sich Hilfe zu holen.
Mit Schuld und Scham im Fokus, können unterdrückte Gefühle psychisches und körperliches Leiden hervorrufen.